Seid liebevoll mit Euch... Und warum ich jetzt keinen Marathon laufe

In der vergangenen Woche hatten wir wieder eines unserer wirklich wundervollen FACE-Camps – 3 Tage, in denen die Teilnehmer sportlich und von mir mental sehr ordentlich herausgefordert werden. Um nicht zu sagen: wir bringen einander gegenseitig an unsere Grenzen.

Einer der ganz besonders wunderbaren Momente war, als es darum ging, was wir jetzt mit all unserer erreichten Willenskraft anstellen. Und ich sagte: Ich möchte, dass Ihr liebevoll mit Euch seid. Eure Grenzen spürt. Nichts nur über die Kraft macht. Den Druck rausnehmt.

Einerseits war dieser Moment deshalb so toll, weil ich sehen konnte, wie sehr die meisten meiner high-performenden, ewig unter Anspannung stehenden Teilnehmer ge- und betroffen waren. Liebevoll sein? Wo es eigentlich immer nur um Leistung und Optimierung geht?

Tja. Und andererseits traf ich mich selbst so sehr mit dieser Ansage.

Du lehrst, was Du selbst am meisten lernen sollst, sagte ein weiser Mensch. Das ist hier genau der Punkt.

Wie ich nun, ein paar Tage später, ganz besonders deutlich erfahren darf.

Eigentlich wollte ich an diesem Sonntag den nächsten Hamburg-Marathon laufen. Ich habe gut trainiert, neue Schuhe, ein spitzenmässiges Supporter-Team am Start. Meine Willenskraft ist in etwa so aufgeblasen wie meine Wadenmuskulatur. Und auch die Wettervorhersage ist einladender geworden. Es könnte also toll werden. Nein, es wird toll. Nur etwas anders, als geplant.

Ich habe nämlich seit 14 Tagen eine zunächst ganz leichte Entzündung meiner Knochenhaut im Schienbein. Keine dramatische Sache, dachte ich. Und lief weiter.

Zwischendurch schonte ich auch, ich cremte ein bisschen, besprach mein Bein. Doch es wurde nicht besser, sondern um es ganz deutlich zu sagen: es zwiebelt – es piekst – es schmerzt. Nicht gigantisch, nicht so, dass ich sofort aufhören müsste. Aber durchgehend, sobald ich in leichten Trab verfalle.

Mein Plan für Sonntag: Ibuprofen zur morgendlichen Pasta, Ibuprofen ins Marathon-Armtäschchen, falls die erste nicht ausreicht. Und dann los. Die letzte Marathonzeit unterlaufen.  Willenskraft und so.

Vorgestern telefonierte ich dann mit der Frau, von der ich in Sachen Coaching mit Abstand am meisten gelernt habe. Und erzählte ihr von meiner klitzekleinen Knochenhaut-Blessur und meinen Marathonplänen. Und sie sagte erstmal sehr wenig, was nicht direkt zu ihren Grundeigenschaften gehört. Und dann, sehr präzise: Petra, jetzt warte mal. Überleg mal kurz. Was Du an Deine Klienten weiter gibst, was Du an Deine Kinder weitergibst. Sie öffnete ihrerseits sehr liebevoll und genauso vehement meine durch Ehrgeiz verschlossenen Äuglein. Und: Sie hatte recht. Sie traf mich, so wie ich nur wenige Tage zuvor meine Camp-Teilnehmer getroffen hatte.

Ich wollte mit meiner ganzen Kraft über meine eigene körperliche Grenze hinweggehen. Das Muster habe auch ich selbstverständlich, wie so viele von uns, von Euch, von Ihnen, lange genug gelernt. Und dadurch fühlt es sich sicher an, das Überstrapazieren. Aber in Wahrheit ist es schlicht: keine gute Idee. Meine Knochenhaut ist entzündet und ich gehöre nicht auf die Marathonstrecke. Zumal ich damit niemanden retten, die Klimakatastrophe nicht abwenden kann und nichtmal irgendeinen schmissigen Titel holen kann. Nur die hässliche Medaille und das wunderbare Marathongefühl - aber das kann auch ich mir gesund beim nächsten Lauf zurück erobern. Erkenne ich jetzt, mit von außen geöffneten Augen.

Es ist irre, wie viel wir uns alle zumuten. Und es ist irre, wie schwer es uns schon fällt, diese Muster zu erkennen. Und uns eben hinauszuziehen, aus dieser Spirale.

Willenskraft ist wertvoll – der größte Treiber, um unsere Ziele umzusetzen. Und: Willenskraft braucht um sich herum Selbstfürsorge, Eigenliebe, Ruhe, damit sie uns nicht ungesund macht. Sondern gesund erfolgreich.

Ich kann hiermit offiziell sagen: ich bin der allerschlechteste Selbstcoach. Und ich bin verdammt dankbar, dass ich meinen Coach, meine Freundin, so nah an mir dran habe, dass sie in solchen Momenten ihre schmale Hand hebt. Und mich an mich selbst erinnert. So wie ich meine Klienten an sich selbst erinnere. Denn alleine, alleine schaffen wir es in unserer Komplexität eben nicht immer.

Herzlich,
Petra Neftel


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